Skip to content

Zwischen Laufsteg und Lavafeldern

Modedesignerin Eva Poleschinski über den Spagat zwischen exklusiven Designprojekten und ihrem naturverbundenen Privatleben sowie ein Einblick in ihre wichtigste Inspirationsquelle – die unberührte Natur Islands.
Modedesignerin Eva Poleschinski: Zwischen Fashion und Lavafeldern
© Oliver Rathschueler

Eva Poleschinski zählt zu den bekanntesten Modedesignerinnen Österreichs und hat sich mit ihren maßgeschneiderten Roben sowohl national als auch international einen Namen gemacht. Ihre Kreationen vereinen Eleganz mit Handwerkskunst und stehen für außergewöhnliche Materialkompositionen, detailverliebte Applikationen und sinnliche Schnitte. Jedes ihrer Designs erzählt eine eigene Geschichte und trägt dabei stets ihre unverkennbare Handschrift …

funk tank: Du bist seit 17 Jahren ein fester Bestandteil der österreichischen Modeszene. Wie hat sich die Branche in dieser Zeit verändert und in welche Richtung entwickelt sich die Nachfrage heute?

Eva Poleschinski: Ich finde es sehr positiv, dass in den letzten Jahren viele Kolleg*innen in Österreich den Schritt in die Selbstständigkeit wagen und dadurch den Markt mitprägen. Die Modeindustrie hingegen ist in den letzten Jahren definitiv schnelllebiger geworden, nicht zuletzt dem Onlinehandel geschuldet. Das stellt besonders kleine Labels, die keine großen Stückzahlen produzieren, vor wirtschaftliche Herausforderungen und erschwert die Wettbewerbsfähigkeit.

Ich habe mich bereits 2014 bewusst dazu entschieden, dieser Schnelllebigkeit entgegenzuwirken und mich auf individuelle Designentwicklung spezialisiert. Sofern nicht anders gewünscht, bestehen meine Roben aus mehreren Einzelteilen, die sich vielseitig kombinieren und unterschiedlich tragen lassen.

Gibt es in Österreich noch genügend Anlässe für maßgeschneiderte Couture-Roben?

Dank der tief verwurzelten Balltradition gibt es in Österreich nach wie vor einen großen Markt für Abendroben. Diese Veranstaltungen sind fest in unserer Kultur verankert und halten die Nachfrage nach eleganten Kleidungsstücken lebendig.

Wie hat sich der Markt für Abend- und Hochzeitsmode in den letzten Jahren verändert?

Meine Kundinnen schätzen zunehmend multifunktionale Designs, die es ermöglichen, einzelne Teile nicht nur zum Ball oder zur Hochzeit, sondern auch in anderen Kombinationen über Jahre hinweg zu tragen. Zudem hat sich neben den klassischen Frühlings- und Sommerhochzeiten ein klarer Trend zu Winterhochzeiten entwickelt.

Opernball-Moderatorin Teresa Vogl in Eva Poleschinski
Opernball-Moderatorin Teresa Vogl in Eva Poleschinski 2025 © ORF/Thomas Ramstorfer

Mit meinen Kleidern möchte ich Geschichten erzählen und Teil einzigartiger Momente sein. Meine Mode soll Freude schenken und meinen Kundinnen ein besonderes, angenehmes Gefühl vermitteln – sie sollen sich darin außergewöhnlich und einzigartig fühlen.

Wie hältst du deine Kreativität frisch und innovativ?


Als Designerin ist es mir wichtig, mich kontinuierlich weiterzuentwickeln – sowohl in Bezug auf Materialien als auch auf handwerkliche Techniken. Inspiration finde ich auf meinen Reisen, aber auch in den individuellen Präferenzen der Kundinnen oder Kooperationspartner, mit denen ich arbeite. Jedes Stück ist einzigartig, und genau diese Vielfalt macht meine Arbeit so spannend. Mit meinen Kleidern möchte ich Geschichten erzählen und Teil einzigartiger Momente sein. Meine Mode soll Freude schenken und meinen Kundinnen ein besonderes, angenehmes Gefühl vermitteln – sie sollen sich darin außergewöhnlich und einzigartig fühlen.

Wohin entwickelt sich die Mode in Österreich? Ist handgefertigte und individuelle Mode noch gefragt?

Der Trend geht eindeutig in Richtung Handwerk und Individualität. Viele meiner Kundinnen distanzieren sich zunehmend von der Schnelllebigkeit der Modebranche und dem damit verbundenen Wegwerfverhalten. Stattdessen legen sie bewusst Wert auf nachhaltige, hochwertige und langlebige Modestücke.

Du verbringst viel Zeit mit deiner Familie in Island und reist mittlerweile mit einem personalisierten Van bis in den Norden. Was fasziniert dich so sehr an diesem Land, und warum zieht es dich immer wieder dorthin?

Mich begeistert die unberührte Landschaft und ihre faszinierenden Kontraste. Besonders beeindruckt mich das Licht, das selbst im dichtesten Nebel oder an klaren Wintertagen eine einzigartige Atmosphäre schafft. Wir reisen abseits des Mainstreams und genießen diese besondere Verbindung zur Natur.

Wie sieht ein typischer Tag im Van-Life für dich aus? Folgst du festen Routinen oder lässt du dich einfach treiben?

Die Routinen gibt mittlerweile unsere Tochter vor. Unsere täglichen Radien sind kleiner geworden, doch das tut der Intensität des Erlebens keinen Abbruch. Der Früh-Kaffee ist nicht verhandelbar und der Rest des Tages richtet sich nach Wetter und der jeweiligen Route. Die kann sich manchmal untertags spontan ändern – jeder Tag ist ein Abenteuer.

Modedesignerin Eva Poleschinski: Zwischen Fashion und Lavafeldern
© Eva Poleschinski
Euer Van ist eher ein Geländewagen als ein klassischer Wohnwagen. Wie müssen wir uns die Lebensmittelversorgung vorstellen? Kauft ihr auf Vorrat oder spontan, und wie organisiert ihr das Kochen?

Unser Fahrzeug ist ein echter Alleskönner (lacht). In die Gegenden, in denen wir unterwegs sind, käme ein Wohnwagen gar nicht erst hin – deshalb haben wir uns bewusst für dieses Setting entschieden. Die ursprüngliche Ladefläche des Pick-ups ist mit einem ausgeklügelten Ladensystem organisiert und ein separater Alu-Cap-Aufbau bietet zusätzlichen Stauraum. Wir kochen dort, wo die Aussicht passt, mit unserem Gaskocher, auf dem wir auch schon eine Pizza mit Aussicht auf den Gletscher genossen haben. Teilweise bringen wir Lebensmittel aus Österreich mit, aber meistens versorgen wir uns vor Ort in Supermärkten oder in den vielen Fischgeschäften mit frischer Ware. Und da in Island dank intensiver Geothermienutzung sogar Bananen wachsen, ist auch die Obstversorgung gesichert.

Schlaft ihr ausschließlich im Van oder gönnt ihr euch zwischendurch mal eine feste Unterkunft?

Ehrlich gesagt schlafen wir am besten in unserem Dachzelt – dafür lassen wir (fast) jede feste Unterkunft links liegen. Nur wenn die Wettervorhersage wirklich extrem ist, etwa bei heftigem Sturm und Starkregen, gönnen wir uns ausnahmsweise eine feste Bleibe. Das kommt allerdings selten vor. Als Backup haben wir außerdem immer unser Bodenzelt dabei.

Wie sieht es mit sanitären Anlagen aus? Wie lange kommt ihr ohne feste Einrichtungen aus?

Die meisten Campingplätze verfügen über gute Sanitäranlagen. Außerdem sind wir große Fans der isländischen geothermischen (Frei-)Bäder – so ist Duschen für uns nie ein Problem. Und selbst wenn wir länger im Hochland unterwegs sind, finden sich oft nette heiße Quellen.

Gibt es Parallelen zwischen deinem Leben in der Natur und deinem kreativen Schaffen?

Definitiv. Die raue Schönheit der Natur inspiriert mich und bildet einen spannenden Kontrast zu meiner eigenen Interpretation davon. In meinen Designs setze ich diese Eindrücke um, indem ich natürliche Strukturen, Farben und Stimmungen aufgreife und ihnen eine individuelle, kreative Form gebe.

Islands Landschaften sind atemberaubend – roh, unberührt und in ihrer Vergänglichkeit perfekt. Geformt von Naturkräften, entstehen einzigartige Szenerien. Genau diese Dynamik spiegelt sich in meiner Arbeit wider: Als Perfektionistin bin ich erst zufrieden, wenn jedes Kleid ‚perfectly in shape‘ ist.

Modedesignerin Eva Poleschinski: Zwischen Fashion und Lavafeldern
© Oliver Rathschueler
Wenn Island ein Kleid wäre – wie würde es aussehen?

Island ist eine meiner größten Inspirationsquellen – seit 2016 sieht man in meinen Kollektionen den Einfluss. Über die Jahre ist es zu meinem Markenzeichen geworden, meine Kreationen mit der Natur verschmelzen zu lassen und ihre raue, zugleich faszinierende Ästhetik in meinen Designs einzufangen.

Was bedeutet für dich mehr Luxus – ein maßgeschneidertes Couture-Kleid oder die Verbundenheit zur Natur?

Beides löst in mir ein ähnliches Gefühl von Glück aus. Wenn ein perfekt gelungenes Couture-Kleid vor mir liegt, empfinde ich dieselbe Faszination wie inmitten der Natur. Besonders eindrucksvoll war für mich der Vulkanausbruch am Fagradalsfjall 2021 – ein unvergessliches Naturschauspiel, das ich nicht nur erlebt, sondern auch genutzt habe, um meine Designs in dieser einzigartigen Kulisse in Szene zu setzen.

Was hat dir Island über dich selbst beigebracht, das heute in deine Arbeit als Designerin einfließt?

Island hat mich gelehrt, nie aufzuhören zu staunen, neugierig zu bleiben und mich immer wieder auf Neues einzulassen. Vor allem aber hat es mir gezeigt, wie wichtig es ist, auf mein Bauchgefühl zu vertrauen – eine Haltung, die sich in jedem meiner Designs widerspiegelt.

Modedesignerin Eva Poleschinski: Zwischen Fashion und Lavafeldern
© Eva Poleschinski

Eva Poleschinski wurde 1984 geboren und entdeckte früh ihre Leidenschaft für Mode. Ihre Mutter, eine talentierte Hobbyschneiderin, inspirierte sie dazu, ihren eigenen kreativen Weg zu gehen. Mit nur 23 Jahren gründete die Hartbergerin 2008 ihr eigenes Modelabel und schaffte mit eisernem Willen den Sprung in die internationale Modewelt.

Ihre Designs sind heute auf den renommiertesten Red Carpets, darunter die Oscars und Golden Globes, sowie in großen Modemagazinen wie Vogue, Elle und Madame zu sehen. Sie präsentierte ihre Kollektionen unter anderem auf der Mercedes-Benz Fashion Week Berlin, in New York, Paris und Tokio, realisierte kreative Kooperationen mit namhaften Marken und wurde 2014 zur „Designerin of the Year“ gekürt.

Ihr Stil zeichnet sich durch einen außergewöhnlichen Materialmix, Individualität und höchste Handwerkskunst aus. Trotz ihres vermeintlich glamourösen Berufs zieht sie sich regelmäßig nach Island zurück, wo sie mit ihrer Familie Ruhe und Inspiration findet – ein prägender Einfluss, der sich in vielen ihrer Entwürfe widerspiegelt.

Eva Poleschinski

Portrait Mio Paternoss
Mio Paternoss
Mio Paternoss arbeitet seit 2011 als Journalist und Stylist in Wien. Mode und Diversität liegen ihm besonders am Herzen.

Noch kein Kommentar, Füge deine Stimme unten hinzu!


Kommentar hinzufügen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Artikel teilen oder drucken

Artikel aus anderen Ressorts

12. März 2025
Moodbild Dokumentarfilm „Requiem in Weiß – Das würdelose Sterben unserer Gletscher“ von Harry Putz

„Wie deutlich müssen die Zeichen noch werden, bis wir reagieren?“

4. März 2025
  / Musik
Portraitfoto Musikerin Rahel

„Körper sind so langweilig. Ich mag Gedichte lieber!“

27. Feb. 2025
  / Film
Filmstill Wicked

Oscar Predictions 2025: Buntes Allerlei

14. Feb. 2025
  / Musik
Portraitfoto Mira Lu Kovacs

„Ich will nicht ankommen, nur immer weiter gehen“

4. Feb. 2025
Moodbild Von Recycling bis Kreislaufwirtschaft – Smarte Lösungen bei Österreichischen Start-ups

Von Recycling bis Kreislaufwirtschaft: Österreichs Start-ups treiben den Wandel voran

28. Jan. 2025
  / Kabarett
Kabarettist Hosea Ratschiller/ORF Pratersterne

„Der Onkel mit der dicken Brieftasche hat uns ins feine Restaurant eingeladen“

23. Jan. 2025
Katharina Stengl und Homajon Sefat mit ihrem Podcast „Café Depresso“

„Ziel ist es, für mehr Offenheit und Gleichstellung für Menschen mit psychischen Erkrankungen zu kämpfen“

13. Jan. 2025
  / NGO, Sport
Kinder der „Baumi Junior School“ von Fussballer Christoph Baumgartner in Uganda

Tor zu einer besseren Welt

8. Jan. 2025
Martin Gruber vom aktionstheater ensemble

„Im besten Fall liefert zeitgenössische Kunst Denk- und Fühl-Material für die ganze Zivilgesellschaft“

Der funk tank Newsletter​

Wir versorgen dich 1x im Monat mit einer exklusiven Vorschau auf unsere kommenden Stories und Gewinnspiele. Garantiert spannend und inspirierend. Also einfach eintragen und part of funk tank werden!