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Zwischen Laufsteg und Werkbank

Christoph Mayer ist Schuhmacher und Geschäftsführer von Think!, einer Marke für hochwertige, nachhaltige Schuhe. Ein Gespräch über Handwerk, Qualitätsanspruch und ein ganzheitliches Nachhaltigkeitsbestreben.
Christoph Mayer ist Schuhmacher und Geschäftsführer von Think!
Christoph Mayer ist Schuhmacher und Geschäftsführer von Think! © Eugen Nemecek

Christoph Mayer wuchs in einer Schuhmacher*innenfamilie auf. Nach der Ausbildung zum Schuhmacher und einem Abstecher zu Armani kehrte er zurück zu seinen Wurzeln – zum Handwerk, zu echtem Leder, präzisen Leisten und klaren Prinzipien. Heute führt er Think!, eine Marke, die Nachhaltigkeit lebt und Schuhe produziert, die nicht immer den Trends folgen, aber konsequent durchdacht sind …

funk tank: Sie stammen aus einer Schuhmacher*innenfamilie. Wodurch und wann war für Sie klar, dass Sie auch diesen Weg einschlagen?

Christoph Mayer: Das Schuhmachen ist mir quasi von Anfang an mitgegeben worden – es lag einfach in der Familie und lag regelrecht in der Luft. Ich war als Kind ständig im Schuhgeschäft meiner Eltern, und für mich stand schon früh fest, dass ich in der Schuhbranche bleiben und diesen Weg weitergehen werde.

Da ich das Geschäft meiner Eltern übernehmen wollte, stellte mein Vater eine klare Bedingung: die Lehre zum Schuhmacher zu absolvieren. Sein Grundsatz war: Man muss wissen, wie ein Schuh gemacht wird, bevor man ihn verkaufen darf. Im Anschluss besuchte ich dann das College an der LDT Nagold.

Sie haben das Handwerk mit allem, was dazugehört gelernt: Leder, Leisten, Maschinen. Später waren Sie bei Armani. Wie verändert sich der Blick auf Form und Material, wenn man zwischen Werkbank und Mailänder Laufsteg pendelt?

Bei meinem früheren Arbeitgeber steht das Markenimage in der Kommunikation im absoluten Mittelpunkt. Für mich waren und sind das Material und das Handwerk das eigentliche Herzstück – das, was mich an Schuhen wirklich fasziniert und antreibt.

Als Think! auf Sie zukam, wussten Sie sofort: Das passt. Sie haben Armani den Rücken gekehrt und sind wieder zurück zu den Wurzeln gegangen. Eine unkonventionelle Entscheidung …

Ich war wirklich seit jeher ein Fan der Marke Think!, bereits zu meinen Zeiten im Schuhhandel. Mich hat die eigenständige, unverwechselbare Designsprache begeistert und ich war von der Qualität überzeugt – vom ersten Schnitt bis zur letzten Naht, kompromisslos gedacht.

Jeder Schuh durchläuft bis zu 200 Arbeitsschritte. Viele davon sieht man nicht, aber man spürt sie. Welche dieser Schritte bedeuten Ihnen persönlich am meisten?

Schwierig, diese Frage auf einen einzigen Moment zu reduzieren. Jeder Arbeitsschritt ist wichtig, aber einer der grundlegendsten ist für mich das Stanzen – dieser Moment, in dem das Leder sauber und präzise fällt. Ein weiterer maßgeblicher Schritt ist, wenn Schaft und Sohle endlich zusammenkommen. Dann sieht man sofort, ob das Design, die Form und die Proportionen harmonieren. Das ist für mich immer ein beinahe magischer Moment.

Schuhherstellung bei Think!
© Think Schuhwerk GmbH

Für mich waren und sind das Material und das Handwerk das eigentliche Herzstück – das, was mich an Schuhen wirklich fasziniert und antreibt.

In Ihrer Arbeit steckt viel Konsequenz – zum Beispiel bei der Barfußsohle mit Null-Sprengung oder der Haltung, keine Absätze über 3,5 cm zu machen, weil das orthopädisch gesehen ungesund ist. Sind diese Vorgaben manchmal auch schwierig einzuhalten?

Unsere Schuhe folgen klaren, ehrlichen Prinzipien. Wir wollen wirklich das Beste für die Füße unserer Kundinnen und Kunden. Dazu gehört die richtige Bauweise, inklusive durchdachter Sprengung, um Fußprobleme zu vermeiden. Wir legen größten Wert auf Passform und Komfort. Denn im Gegensatz zu einem T-Shirt, bei dem ein schlechter Sitz kaum Konsequenzen hat, kann ein falsch konstruierter Schuh den ganzen Alltag ruinieren.

Sie produzieren „Problemlöser, die gut aussehen“. Was muss ein Schuh können?

Der Schuh muss perfekt passen und seinem Träger/seiner Trägerin ein gutes Gefühl schenken. Entscheidender Faktor ist unter anderem die richtige Materialwahl für ein gutes Fußklima.

Think! und Vega Nova arbeiten eng zusammen. Zwei Bereiche, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben: Möbel und Schuhe. Was verbindet die Unternehmen?

Auch bei Vega Nova wird unsere Philosophie gelebt, denn gesundes Gehen, Sitzen und Schlafen beeinflussen das gesamte Körpergefühl. Mit den richtigen Produkten kann man seinem Körper tatsächlich etwas Gutes tun.

Sie arbeiten mit natürlichen Materialien wie Schafwolle, Loden, pflanzlich gegerbtem Leder, Naturlatex. Wonach wählen Sie aus? Wer und wo sind Ihre Partner*innen?

Wir legen großen Wert darauf, dass unsere Partner*innen unsere Qualitätsansprüche teilen. Bei allen Kooperationen achten wir auf höchste Zertifizierungen und die Erfüllung unseres strengen Kriterienkatalogs.

Für unsere Lodenfutter verwenden wir ausschließlich Loden Steiner-Produkte aus Österreich. Unser Leder wird unter den strengen Standards der Leather Working Group (LWG) gefertigt. Und unsere Sohlenhersteller*innen sind etwa bei unserer Naturlatexsohle FSC-zertifiziert. So können wir die beste Materialauswahl garantieren und sicherstellen, dass unsere Produkte unseren ethischen und ökologischen Standards entsprechen.

Nachhaltigkeit bedeutet für Sie nicht nur Material, sondern auch Langlebigkeit, Reparaturfähigkeit, Transparenz. Wie konsequent lässt sich das im Alltag der Produktion durchziehen?

Nachhaltigkeit wird bei uns wirklich durchgehend gelebt. Wir achten von der Materialauswahl und der Verpackung bis hin zur Energieversorgung in unserem Gebäude darauf. Wir nutzen ressourcenschonende Logistik, wie etwa mit dem Einsatz von Gitterboxen im Versand und setzen auf Langlebigkeit.

Unser Engagement für Nachhaltigkeit geht weit über das Übliche hinaus: Wir setzen uns sowohl im sozialen Bereich als auch für den Umweltschutz ein. So arbeiten wir beispielsweise eng mit der Lebenshilfe Oberösterreich zusammen und übernehmen Patenschaften für regionale Bienenschutzprojekte.

Und unser hauseigener Reparaturservice unterstützt diesen nachhaltigen Gedanken maßgeblich. Allein im Oktober konnten wir mehr als 150 Paar Schuhe wiederbeleben – das erfüllt uns jedes Mal aufs Neue.

Think! arbeitet u. a. mit der Lebenshilfe OÖ zusammen
Think! arbeitet u. a. mit der Lebenshilfe OÖ zusammen © Think Schuhwerk GmbH
In Tokio stehen Ihre Schuhe im teuersten Kaufhaus der Stadt …

Diese Wertschätzung bedeutet uns wirklich enorm viel, weil wir wissen, dass echtes Handwerk in Japan noch einmal auf einem völlig anderen Level wahrgenommen wird als anderswo. Wir sind wirklich stolz, in Tokio so prominent und hochwertig präsentiert zu sein.

Wenn Sie sich einmal nicht mit Kollektionen, Materialien oder Lieferketten beschäftigen, sondern sich die Frage stellen, warum Sie das alles eigentlich machen. Was antworten Sie?

Weil ich Schuhe liebe! Selbst im Urlaub oder auf Städtetrips führen mich meine Wege fast automatisch in Schuhgeschäfte – das ist einfach Teil von mir. Das ist meine Leidenschaft. Für mich ist klar: Ein Schuh definiert einen Look und macht das Outfit wirklich erst komplett.

Think! Schuhe
© Think Schuhwerk GmbH

Christoph Mayer ist Schuhmacher aus Tradition und Geschäftsführer von Think!. Nach seiner Ausbildung und Erfahrungen bei internationalen Marken kehrte er zu seinen handwerklichen Wurzeln zurück und verbindet heute Qualität, Präzision und Nachhaltigkeit in jedem Schuh.

Think! ist eine österreichische Schuhmarke, die hochwertige, nachhaltige Schuhe produziert. Sie legt Wert auf sorgfältig ausgewähltes Leder, präzise Leisten und zeitloses Design, das Komfort und Langlebigkeit miteinander vereint.

Think! Schuhe

funk tank Herausgeberin und Chefredakteurin Alicia Weyrich
Alicia Weyrich
arbeitet als Journalistin, Texterin und PR-Beraterin in Wien. Neben dem geschriebenen Wort liebt sie die Musik, das Meer, gutes Essen sowie Zeit mit ihren Lieblingsmenschen.

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