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Das Gefühl absoluter Freiheit

Sandra Lahnsteiner-Wagner verwandelt ihre Liebe zum Sport in eine actiongeladene Lebensgrundlage. Dass sie mit „Shades of Winter“ zur erfolgreichen Filmproduzentin und Unternehmerin wurde, verdankt sie ihrem Mut, ihrer Durchsetzungskraft – und Pippi Langstrumpf.
Portrait Sandra Lahnsteiner-Wagner von "Shades of Winter"
© Mathaeus Gartner

Wenn Sandra Lahnsteiner-Wagner ihre Linie schwungvoll in den unverspurten Hang zeichnet und hinter ihr der feine Tiefschnee aufstaubt, breitet sich ein glückliches Lächeln in ihrem Gesicht aus. Sie ist Profi-Freeriderin und verwandelt das freie Gelände, also die Hänge abseits präparierter und gesicherter Pisten mit kreativer Energie in einen riesigen Abenteuerspielplatz: „Mich fasziniert, begeistert und motiviert die absolute Freiheit in diesem Sport. Und dass der Berg meine Leinwand ist und ich der Pinsel bin, der seine Persönlichkeit in die Natur malt.“

Wenn es sonst niemand macht …

Längst ist die gebürtige Oberösterreicherin, die ihren Lebensmittelpunkt vor mehr als 20 Jahren ins Salzburger Land verlagert hat und sich deshalb selbst als Salzburgerin sieht, viel mehr als „nur“ eine Skifahrerin. Nachdem sie 2009 als einzige Lady neben Österreichs damals profiliertesten männlichen Freeridern für die Produktion Made in Austria vor der Kamera stand, drehte sie schon im folgenden Winter mit As We Are den ersten Frauen-Skifilm.

Und das war erst der Anfang! Denn mittlerweile hat die studierte Sportwissenschafterin, Mentaltrainerin und staatlich geprüfte Skilehrerin und Skiführerin praktisch im Jahrestakt neue Filme auf die Leinwand gezaubert. Atemberaubende Filme, bei denen sie nicht nur selbst die Hauptrolle spielt, sondern zumeist auch die Verantwortung für Regie und Produktion übernimmt. „Zuerst habe ich gar nicht groß darüber nachgedacht. Ich habe nur gesehen: Es gibt keine reinen Skifilme von und mit Frauen. Also habe ich es selbst gemacht.“

Ihr neuer Film „Aligned – Between The Sea And The Sky”, den Sandra Lahnsteiner-Wagner zuerst von 10. bis 13. Dezember 2013 auf dem von ihr selbst veranstalteten #shadesofwinter FilmFest in München, Wien, Kitzbühel und Salzburg präsentiert, führte sie in die norwegischen Lyngenalpen, 350 Kilometer nördlich des Polarkreises. Dort fand sie gemeinsam mit Co-Star David Widauer nicht nur magische Nordlichter und perfekte Tiefschneehänge, sondern auch unwirtliche Witterungsbedingungen und so extreme Gefahren, dass sie ihre abenteuerlichen Vorhaben zwischendurch sogar aus Sicherheitsgründen abbrechen musste.

Und sie fand Erkenntnisse, die durchaus auch für ihr Leben abseits der wilden, unberührten Natur zutreffen. „Es geht nicht immer nur darum, den Gipfel zu erreichen. Es geht um die vielen kleinen Momente am Weg zum Ziel. Man muss bereit sein, ans Limit zu gehen. Man muss aber ebenso bereit sein umzudrehen, wenn das Risiko zu groß wird. Um erfolgreich zu sein, muss alles zusammenpassen und im Einklang sein – aber du kannst nichts mit der Brechstange erzwingen – weder am Berg, noch im Berufsleben.“

Film "Aligned" von und mit Sandra Lahnsteiner und David Widauer
David Widauer und Sandra Lahnsteiner © Niko Opetnik

Inspiring. Empowering. Connecting.

Ihr angesprochenes #shadesofwinter FilmFest trägt den programmatischen Untertitel „Inspiring. Empowering. Connecting.“ Und natürlich wird Sandra Lahnsteiner-Wagner damit zu jenem Vorbild, das sie selbst in jungen Jahren nicht hatte. „Mir war es nicht so richtig bewusst, aber tatsächlich hatte ich keine Vorbilder – weil es sie gar nicht gegeben hat.“ Wobei, wenn man es genau nimmt, eine ganz besondere Inspirationsquelle hat es von früh an gegeben: „Pippi Langstrumpf! Sätze wie ‚Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt‘ und ‚Das habe ich noch nie vorher versucht, also bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe‘ haben mich tatsächlich ein bisschen geprägt …“

„Um gleichermaßen kreativ wie wirtschaftlich erfolgreich sein zu können, braucht es nicht zuletzt Willenskraft und Durchsetzungsvermögen“, weiß Sandra Lahnsteiner-Wagner. Attribute, die sie als Profi-Sportlerin ebenso mitbringt, wie eine große Portion Selbstvertrauen. „Egal, ob Zeit- oder Leistungsdruck, unter stressigen Bedingungen habe ich immer schon sehr gut performen können. Als Kind habe ich meine schwierigsten Übungen beim Turnen immer bei Wettkämpfen gezeigt. Ich weiß, dass ich funktioniere, wenn es wirklich um etwas geht.“

Unternehmerisch ist Sandra Lahnsteiner-Wagner, die ihre Träume von der großen Rennläuferinnen-Karriere als Teenager nach einer schweren Knieverletzung aufgeben musste, mittlerweile breit aufgestellt. Ihre Filmproduktionsfirma, ein Reisebüro und eine Werbeagentur hat sie im vergangenen Winter in der shades.plus GmbH vereint. „Was ich besonders schön finde: Alles, womit ich mein Geld verdiene, hat seine Wurzeln in meiner Liebe zum Skifahren. Manchmal blicke ich zurück und denke mir: ‚Schau an, das alles nur, weil ich so gern Ski fahre …‘“

Herzstück aller Aktivitäten ist die Plattform Shades of Winter, mit der sie – etwa über Filmproduktionen und das FilmFest – starke weibliche Vorbilder sichtbar machen und andere Frauen inspirieren möchte, selbst aktiv am Outdoor-Leben teilzunehmen. „Mein Ziel ist es, meine Begeisterung weiterzugeben und zu zeigen, was man auch als Frau alles erleben kann. Denn, wie es auf Englisch so schön heißt: You can see it – you can be it.“

Shades of Winter Camp 2013
"Shades of Winter" Freeride Touring Camp 2023 © Christoph Oberschneider

Weil ich es kann!

Sandra Lahnsteiner-Wagner, die früher Österreichs Skistar Anna Veith als Privattrainerin betreut hatte, strotzt nur so vor Ideen und Unternehmergeist. Zuletzt war sie für die neue TV-Serie School of Champions (ab 22. Jänner 2024 auf ORF 1 zu sehen) für Regie und Produktion der Skiaction-Szenen verantwortlich. „Ich habe nie zuvor bei einer fiktiven Serie mitgearbeitet. Aber als Selbständige muss man stets offen für Neues sein. Und man muss mutig und bereit sein, sich stets weiterzuentwickeln.“

Ihre Work-Life-Balance, sagt sie, sieht sie trotz vollen Terminkalenders durchaus positiv. „Natürlich sitze ich manchmal drei Tage hintereinander 16 Stunden lang am Computer und komme erst in der Nacht dazu, eine Runde zu laufen. Und wenn ich zum Windsurfen nach Sardinien fahre, nehme ich nicht nur den Laptop mit, sondern selbstverständlich auch den großen Monitor. Aber ich genieße es sehr, dass ich mir meine Zeit einteilen kann. Umso größer ist der Genuss, wenn ich zwischendurch mit Freunden eine schöne Skitour gehe oder einen gemütlichen Tag auf der Piste verbringe – ohne nur eine Sekunde daran zu denken, eine Instagram-Story posten zu müssen.“

Als Feministin sieht sie sich übrigens nicht – egal, wie zentral das Thema „female empowerment“ in ihrer Arbeit ist. „Diese Frage wird mir oft gestellt. Aber ich hatte nie das Gefühl, als Frau benachteiligt worden zu sein. Und ich habe auch nicht das Bedürfnis, bevorzugt behandelt zu werden. Was immer ich mache, mache ich weder weil, noch obwohl ich eine Frau bin. Ich mache Dinge einfach, weil ich die Sandra bin. Und weil ich es machen will.“

Privat ein starkes Fundament

Im Frühjahr 2022 gab Sandra ihrem Langzeitpartner Gernot in Gastein das Ja-Wort. Die dreitägige Hochzeitsfeier war mit hochkarätiger Ski-Prominenz besetzt, darunter Olympiasiegerin und Dreifach-Weltmeisterin Anna Veith. Als Brautjungfer fungierte die amerikanische Olympiasiegerin Julia Mancuso, mit der Sandra unter anderem 2016 für die „Shades-of-Winter“-Produktion Between gemeinsam auf Hawaii Skifahren war.

Die Frage, wie es Gernot an der Seite einer so selbstbestimmten Persönlichkeit geht, entlockt Sandra ein herzhaftes Lachen. „Er ist einerseits sehr stolz auf das, was ich tue und andererseits ist er mein Fels in der Brandung. Aber man muss natürlich ein starker Mann sein, um neben einer starken Frau bestehen zu können.“ Hilfreich ist, dass er sich nicht nur in Sandras GmbH engagiert, sondern auch als sportlicher Leiter der Skitourismusschule Gastein und als Referatsleiter für Alpinsport im Salzburger Skiverband selbst verantwortungsvolle Führungspositionen innehat. „Er hat seinen Platz im Leben gefunden und ist beruflich selbst ebenfalls sehr erfolgreich.“

Was immer ich mache, mache ich weder weil, noch obwohl ich eine Frau bin. Ich mache Dinge einfach, weil ich die Sandra bin. Und weil ich es machen will.

„Die Begeisterung für Outdoor-Aktivitäten ist ein wichtiges, verbindendes Element“, sagt Sandra Lahnsteiner-Wagner. „Wir gehen beide sehr gern Skifahren und unternehmen miteinander Skitouren, im Sommer gehen wir Windsurfen. Die Liebe zum Sport verbindet uns.“ Sie weiß aber auch, dass gerade eine Beziehung wie die ihre ein starkes Fundament braucht. „Dass ich mit meiner Crew einfach für drei Wochen nach Norwegen fliege, setzt eine große Vertrauensbasis voraus.“

Polarlichter Film "Aligned" von Sandra Lahnsteiner
© Mathaeus Gartner

Genuss, nicht Nervenkitzel

Was man bei all den spektakulären Freeride-Fotos und -Filmen nicht vergessen darf: Jeder Trip, und sei es „nur“ am Hang hinter dem Haus, erfordert akribische Vorbereitung, speziell was die richtige Einschätzung der Lawinensituation anbelangt. Und man braucht immer das richtige Equipment, ein (funktionierendes!) Lawinenverschüttetensuchgerät, eine Schaufel und eine Sonde sowie im Optimalfall ein Rucksack mit Airbag, damit man im Fall des Falles nicht unter Schneemassen begraben wird. Doch wie bei allen sportlichen Betätigungen, speziell abseits gesicherter Wege und Pisten, kann bei aller gebotenen Eigenverantwortung ein Restrisiko niemals ausgeschlossen werden.

Darüber spricht Sandra Lahnsteiner-Wagner nicht zuletzt in ihren eigenen Camps, die sich exklusiv an Freeriderinnen wenden und bei denen der genussvolle Praxisteil durch möglicherweise lebenswichtige Theorie angereichert wird. „Ich möchte einerseits Gleichgesinnte miteinander vernetzen, ich möchte aber auch meine Erfahrungen weitergeben und die Teilnehmerinnen mit neuem Wissen, neuen Techniken und neuem Selbstbewusstsein stärken, damit sie ihre Zeit in den Bergen noch intensiver genießen können.“

Denn letztendlich geht es ja beim Skifahren (und überhaupt im Leben) in erster Linie um den Genuss. „Auch wenn es nicht so aussieht: Ich bin da draußen im Gelände nicht auf der Suche nach dem Nervenkitzel, sondern nach dem Gesamterlebnis Berg. Sport generell macht mich zu einem glücklicheren, zufriedeneren und gesünderen Menschen.“ Das Skifahren, ihre Lieblingssportart, wie Sandra Lahnsteiner-Wagner sagt, verleiht ihr ein Gefühl der Freiheit und der unbeschwerten Leichtigkeit des Lebens. „Egal, wie steil der Hang ist oder wie schnell ich fahre, Skifahren hat für mich etwas Spielerisches, und bei jedem Schwung muss ich aufs neue Lachen!“

Sandra Lahnsteiner-Wagner ist Skiprofi, Filmproduzentin und Unternehmerin. Ihren neuen Film „Aligned – Between The Sea And The Sky“ präsentiert sie (neben fünf weiteren Freeride-Filmen) zwischen 10. und 13. Dezember 2023 beim #shadesofwinter FilmFest in München, Wien, Kitzbühel und Salzburg. Dieses Filmfestival, das die Leistungen weiblicher Vorbilder hervorheben und damit andere Frauen inspirieren, stärken und verbinden will, hat die Salzburgerin ebenso wie die dahinterstehende Plattform „Shades of Winter“ selbst gegründet.

Shades of Winter

Portrait Hannes Kropik
Hannes Kropik
vergöttert Katzen und arbeitet als freier Journalist und Autor. Geplanter Pensionsantritt: 2034.

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