Schönen guten Tag!
Mein Name ist Thees Uhlmann, und ich mache Musik und schreibe Bücher. „Das ist nicht gut, das ist nicht schlecht, das ist einfach so“, wie mein Vater immer sagte, wenn ich mit der schlechtesten Note in einer Matheklausur, die es gibt, nach Hause kam. Natürlich hat er sich geärgert, aber ich meine, er hat das Bruttosozialprodukt von St. Pölten in meinen Nachhilfeunterricht investiert. Es hat offensichtlich nichts gebracht, und da muss man schon kurz schlucken. Im Endeffekt hat er gesagt, dass die Gnade des Himmels nicht davon abhängt, ob ich etwas gut oder schlecht gemacht habe, sondern dass es schon okay ist, wenn ich überhaupt etwas gemacht habe. Ich finde das eine sehr tröstliche Sache. Wer will schon immer sagen, was gut oder schlecht ist?
Viele Leute lieben es zum Beispiel, sich einen Van zu kaufen um den dann selber auszubauen, darin Lichterketten zu verlegen, kleine Blumentöpfe anzubringen, damit durch Europa zu schippern, das im Internet zu posten und diesem dummen Bus dann auch noch einen Namen zu geben. „Bussi“ oder „Vani“ oder so. Die Leute lieben das. Ich schwöre. Ich hingegen liebe es, wenn solche Busse eine Panne haben und es die ganze Zeit regnet. Ich weiß nicht, wo das herkommt, ich weiß nur, dass es so ist.
Was ich aber liebe, ist es, Leute kennenzulernen. Wenn ich zum Beispiel auf das gestrandete Pärchen treffen würde, an der Straße, da wo ich herkomme, würde ich sie abschleppen (das Auto!), ihnen Herberge geben, wie sich das Josef und Maria verdient hätten und würde mich dann mit ihnen bei einem selbst gemachten Lungenhaschee darüber unterhalten, wie es ist, in einem ausgebauten Bus unterwegs zu sein.
Und das Gute an meinem Job ist, sagenhaft viele verschiedene Menschen kennenzulernen.
Da ist zum Beispiel mein Freund Martin.
Der war früher immer der besoffenste Punk und heute ist er Psychologe und einer der aufmerksamsten Menschen, die ich kenne.
Oder meine Freundin Martina. Die war nur die Freundin von einem Freund, und dann hat die jetzt drei Jungs hintereinander bekommen und hat echt geschuftet dafür. Und immer wenn ich die getroffen habe, hat sie die lustigsten und besten und heftigsten Geschichten von sich erzählt, und ich habe immer zu ihr gesagt: „Martina!“, hab ich gesagt: „Entweder Du erzählst die Geschichten auf der Bühne oder du musst ein Buch schreiben!“ Und jetzt nach zehn Jahren hat sie wirklich das Buch fertig und ist eine meiner besten Freundinnen.
Oder mein Freund Uwe. Der weiß alles über Versicherungen. Wenn ich Uwe nach Konzerten treffe, erzählt er immer, wie was mit Versicherungen läuft und es ist wirklich interessanter, sich mit Axel Rose zu unterhalten. Die meisten Stars sind eh gähnend langweilig. Ich zum Beispiel.
Oder eben meine Freundin Alicia. Die ist vor Jahren mal bei einem Konzert von mir einfach stehen geblieben und hat gesagt: „Geh bitte, eure Musik ist urgrausig, aber ihr seid so norddeutsch und maritim!“ Ich meine, ein Kompliment geht doch einfach auch nicht besser. Da gibt man sich Mühe, Kunst zu machen und dann wird man für etwas gut gefunden, für was man gar nichts kann. Die Note ist egal, Hauptsache man existiert. In diesem Falle einfach wir.
Daraus hat sich eine wundervolle Freundschaft ergeben, die schon über mehr als 10 Jahre hält. In meinem Alter sagt man nur noch „… länger als 10 Jahre“, weil einen die richtige Zahl wahrscheinlich das Fürchten lehren würde.
Und diese Alicia hat jetzt ihr eigenes, dieses Ding zum Laufen gebracht. Wie schön es ist mit Leuten, die man kennt, Zeit zu teilen und zu sehen, wie sie sich über die Jahre langsam, fast unmerklich verändern, wie ein Stein, der vom Wasser der Donau langsam glatt gespült wird. Ich bin ganz stolz auf Dich, Diggi! Zieh durch das Ding!
Dein Thees
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