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„Ich will Menschen glücklich machen“

Mit ihrem neuen Album „Was ma heut net träumen“ geht Ina Regen künstlerisch neue Wege. Gleichzeitig blickt die sympathische Dialektsängerin zurück auf ihre Anfänge und weiß, was ihr auch in Zukunft besonders am Herzen liegen wird: Ihre Liebe zur Musik – und was sie damit bewirken kann.
Portraitfoto Sängerin Ina Regen 2024
© Carina Antl

Was ma heut net träumen“ ist eine Textzeile aus einem gleichnamigen Song, den Ina Regen 2021 erstmals veröffentlicht hatte. Warum es gleichzeitig der perfekte Titel für ihr neues Orchesteralbum ist, erklärt sich daraus, wie dieser Gedanke weitergeht. „Was ma heut net träumen“, singt die Dialektinterpretin nämlich, „des wird morgen net wahr.“ Und tatsächlich waren die Aufnahmen mit einem Orchester ein langgehegter Traum, verrät Ina Regen bei Kaffee und Kuchen im Büro ihres Managers. „Das stand auf meiner Bucketlist utopischer Ideen ziemlich hoch oben …“

Raus aus Conchitas Schatten

Die 39-jährige Oberösterreicherin hat einen etwas ungewöhnlichen Karriereweg gewählt. Schon unter ihrem bürgerlichen Namen Regina Mallinger führte die frühere Klosterschülerin ein erfolgreiches Künstlerleben, das auf einer soliden Ausbildung fußte. Nach ihrem Studium des Jazz- und Populargesangs, das sie mit Auszeichnung an der Anton Bruckner Privatuniversität in Linz absolviert hatte, nahm sie Unterricht in Pop- und Musicalstimmbildung sowie als Schauspielerin. Sie war Mitglied und Komponistin der Band Beatcollective und unterstützte als Background-Sängerin namhafte Kolleginnen und Kollegen wie Songcontest-Siegerin Conchita Wurst und Austropop-Urgestein Marianne Mendt.

Unter ihrem Künstlernamen – einer Abwandlung ihres Vornamens – hat sie erst mit der Veröffentlichung ihrer ersten Solo-Single „Wie a Kind“ 2017 gezielt den Weg ins Rampenlicht gesucht. „Das war für mich eine Zäsur, ein neuer Anfang“, erinnert sie sich heute an eine turbulente Zeit, die 2019 mit dem Amadeus-Award für das Album des Jahres gekrönt wurde. „Ich habe früh gewusst, dass ich auf die Bühne will. Ich bin aber auch zu großer Bescheidenheit erzogen worden. Diese Bescheidenheit wiederum ist meinem feurigen Charakter ein bisschen entgegengestanden. Ich musste meine wahre Künstlerpersönlichkeit erst aus mir herausschälen.“

Ein Kindheitstraum erfüllt sich

„Was ma heut net träumen“ (Veröffentlichungstermin: 16. Februar 2024) ist ein künstlerisch komplett überarbeitetes „Best of“ ihrer ersten drei Alben „Klee“ (2018), „røt“ (2021) und „Fast wie Radlfahren“ (2023). „Es gibt aber zusätzlich drei neue Nummern, die speziell fürs Orchester komponiert und geschrieben wurden“, erzählt Ina Regen.

Zur Zusammenarbeit mit dem niederösterreichischen Tonkünstler-Orchester kam es nach einem gemeinsamen Auftritt bei einem Charity-Event für die Organisation Cape 10 im Sommer des Vorjahres. „Sie waren von diesem gemeinsamen Abend so begeistert, dass sie mich spontan zur Zusammenarbeit im Studio eingeladen haben.“

Für Ina ist damit nicht weniger als ein Kindheitstraum wahr geworden. „Meine früheste musikalische Prägung war das Musical ‚Elisabeth‘, das ich auf einer Kassette meiner Schwester immer und immer wieder gehört habe. Was mich daran so fasziniert hat, war nicht nur der Gesang und die Geschichte, die erzählt wird, sondern auch das orchestrale Klanggewand, das trotzdem noch so spielerisch mit der Popmusik kokettiert. Dass ich jetzt selbst in diese Klangwelt eintauchen darf, gibt mir das Gefühl, als ob sich hier ein Kreis schließt.“

Grundsätzlich optimistisch

Und so wurde das Orchesteralbum für Ina Regen zum unerwarteten, aber willkommenen Anlass für eine künstlerische Zwischenbilanz. „Vor allem, als ich ‚Wie a Kind‘ neu eingesungen habe, sind so viele Bilder, so viele Erinnerungen in mir hochgekommen. Nicht zuletzt, wie es dann all die, die mir vorhin prophezeit haben, wie schwierig alles wird, es dann eh schon immer gewusst haben …“

Noch mehr gilt ihr „grundsätzlich optimistischer“ Blick in die Zukunft. „Vielleicht ist dieses Projekt nach drei Studio-Alben wieder eine notwendige künstlerische Zäsur. Auf jeden Fall hat mich die Arbeit mit dem Orchester sehr neugierig gemacht, was als Nächstes kommen könnte. Ich fühle mich befreit und sehr inspiriert. Es eröffnen sich gerade viele neue Räume für neue Ideen.“

Next Stop: Death Metal?

„Aber könnten Sie sich überhaupt vorstellen, in einer anderen Sprache als im vertrauten heimatlichen Dialekt zu singen?“ „Ich bin nicht mehr so dogmatisch wie früher“, sagt Ina nach einer kurzen Nachdenkpause. „Soweit ich rational denken kann, bin ich sicher, dass ich meinen künstlerischen Ausdruck immer im Dialekt finden werde.“

Und dann taucht wieder dieses freche Blitzen in Inas Augen auf, gefolgt von ihrem ansteckenden, mitreißenden Lachen. „Aber ich genieße mein Leben in einem Möglichkeitsraum, in dem ich alles darf. Und deshalb kann ich mir schon vorstellen, dass es mich einmal in Richtung englischsprachiges Death-Metal-Album zieht.“

Portraitfoto Sängerin Ina Regen 2024
© Carina Antl

Es schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Ein Herz sagt: Musik muss gar nichts, sie darf reiner Selbstzweck sein. Doch das andere weiß: Für mich persönlich war die Musik immer ein heilbringender Ort, an dem alles gut ist.

Am Wendepunkt

Künstlerisch emanzipiert hat sich Ina Regen jedenfalls längst. Um ihre Ideen unabhängig und selbstbestimmt ausleben zu können, hat sie ihr eigenes Label – Nannerl – gegründet und darauf 2023 ihr jüngstes Studio-Album „Fast wie Radlfahrn“ veröffentlicht. „Ich habe im Lauf der Jahre immer mehr verstanden, dass meine Kreativität von einer verspielten Impulsivität und einem unbeirrbaren Bauchgefühl genährt wird.“

Dass sie ihr Label nach der älteren Schwester von Wolfgang Amadeus Mozart benannt hat, ist natürlich kein Zufall. Denn Maria Anna Mozart, so ihr voller Name, galt ebenfalls als hochtalentierte Pianistin, wurde aber – anders als ihr Bruder – vom Vater nicht gefördert, sondern in Richtung ehelicher Haushaltsführung gelenkt. „Ich hatte das Glück, in eine andere Zeit als ‚Nannerl‘ hineingeboren worden zu sein. Aber die Relikte dieser alten Gesellschaftsordnung spüren wir heute immer noch.“

Ina Regen, die wohlbehütet in einem katholisch geprägten Elternhaus aufgewachsen ist, weiß ihre Privilegien, wie sie sagt, durchaus zu schätzen. „Wir leben an einem Wendepunkt der Geschichte. Es ist noch nicht so lange her, dass Frauen nicht einmal studieren, geschweige denn wählen durften. Ich bin dankbar, dass ich so eine Art Fackelträgerin sein und den gesellschaftlichen Wandel vorantreiben darf. Ich bin dankbar, als Musikerin einen Beruf ausüben zu dürfen, in dem ich mich frei entfalten darf.“

Zwei Herzen schlagen

Musik, sagt Ina Regen, hat jedenfalls einen enorm großen Stellenwert in ihrem Leben. „Jede Künstlerin, jeder Künstler macht die Musik, die genau das in die Welt bringt, was sie für sie oder ihn selbst bedeutet. Meine Musik reflektiert, wie ich lebe und was ich erlebe. Und sie zeigt, wie ich die Welt sehe, nämlich mit dem sehnlichen Wunsch, dass jeder Mensch einen Beitrag für unser aller Zukunft leistet.“

Deshalb möchte sie mit ihrer Musik ihre Zuhörerinnen und Zuhörer unterstützen, auch selbst die Kraft zu finden, die Welt ein Stück weit zu verbessern.“ Und doch will Ina Regen der Kunst nicht zu viel Verantwortung aufladen. „Es schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Ein Herz sagt: Musik muss gar nichts, sie darf reiner Selbstzweck sein. Doch das andere weiß: Für mich persönlich war die Musik immer ein heilbringender Ort, an dem alles gut ist.“

Das Schöne weitergeben

Die Musik ist aber nicht nur für sie selbst ein Quell inspirierender Kraft. Sie ist für Ina Regen eine willkommene Möglichkeit, sich für andere Menschen und deren Nöte und Bedürfnisse zu engagieren. Deshalb unterstützt sie immer wieder Benefizaktionen und Einrichtungen wie das oben angesprochen Cape 10. „Ich habe immer das Gefühl, dass ich etwas von dem Schönen, das mir durch die Musik zuteilwird, an andere Menschen weitergeben kann.“

Als erfolgreiche Sängerin, deren ersten beiden Alben in Österreich Platz 1 der Hitparade eroberten, weiß Ina Regen, dass ihr Engagement beachtet wird. „Mir ist bewusst: Wenn ich meine Aufmerksamkeit auf ein Thema lenke, dann erzeugt das einen Verstärkungseffekt. Im Optimalfall gelingt es mir, auch meine Fans für bestimmte Gedanken und Ideen zu interessieren. Zum Beispiel, wenn ich die Frauenhäuser unterstütze. Viele Menschen können sich ja gar nicht vorstellen, dass häusliche Gewalt leider so oft zum Tagesprogramm gehört.“ Ina Regen will ihre Musik und ihr Talent eben nutzen, um die Welt in einen besseren Ort zu verwandeln. „Ich will die Menschen einfach glücklich machen.“

Sängerin Ina Regen in Grafenegg Live
© Gerd Schneider

Ina Regen, 1984 unter ihrem bürgerlichen Namen Regina Mallinger geboren, ist in Gallspach, im oberösterreichischen Hausruckviertel aufgewachsen. Sie war Ministrantin und besuchte eine Klosterschule. 2017 veröffentlichte die Dialektsängerin, im Alter von 33 Jahren, ihre erste Solo-Single „Wie a Kind“ unter ihrem neuen Künstlernamen. „Was ma heut net träumen“, ihr neues Album mit dem Tonkünstler-Orchester erscheint auf ihrem eigenen Plattenlabel.

Ina Regen

Portrait Hannes Kropik
Hannes Kropik
vergöttert Katzen und arbeitet als freier Journalist und Autor. Geplanter Pensionsantritt: 2034.

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