Was haben „Die nackte Kanone“ (1988), „Jurassic Park“ (1993) und „Gladiator“ (2000) gemeinsam? Alle drei Kultfilme waren zu ihrer Zeit so erfolgreich und haben sich dermaßen ins kollektive Gedächtnis einer ganzen Generation eingebrannt, dass sie nicht nur zum Teil direkte Fortsetzungen im damals üblichen Abstand von drei bis vier Jahren bekamen (zumindest Lieutenant Frank Drebin und Steven Spielbergs Dinos), sondern dass mehrere Jahrzehnte später ein Produktionsteam beschlossen hat: Hey, die Kassen haben damals so laut geklingelt, und Nostalgie geht immer. Wir machen jetzt einfach eine Fortsetzung, weil die Leute haben es damals geliebt – sie werden es jetzt auch tun. Was, die Hauptfigur ist im Film schon verstorben? Der Hauptdarsteller lebt nicht mehr? Ist doch egal, wir nehmen halt einen Sohn, Neffen, Enkel und bauen um den herum eine neue Story. Wir brauchen eine Handlung? Wer hat das gesagt? Wir haben CGI (Computer Generated Imagery, Anm.)! Das muss reichen.
Zugegeben, die letzten Sätze waren sehr zynisch und treffen – aus meiner ganz subjektiven Sicht – tatsächlich nur auf „Jurassic World“ (2015) zu, den handlungstechnisch müden Abklatsch von „Jurassic Park“, in dem es offenbar in erster Linie darum ging, möglichst viele Menschen von möglichst wilden Sauriern fressen zu lassen. Und die Fortsetzung des Sequels, „Jurassic World – The Fallen Kingdom“, wirkte auch irgendwie, als hätte man einfach die Fortsetzung des Originals, „Jurassic Park – The Lost World“, lieblos plagiiert. Über den dritten und vierten „Jurassic World“-Film will ich mich lieber gar nicht erst auslassen. Immerhin hatte der erste „Jurassic World“-Film noch ein paar Easter Eggs für Kenner*innen des Originals zu bieten, wie etwa einen Jeep, der schon in „Jurassic Park“ im Einsatz gewesen war.
Wenn dann auch noch der Regisseur abspringt ...
Bei „Gladiator 2“ (2024) stimmt zwar auch der Teil mit der CGI. Ich meine: Eine Seeschlacht mit Haien im Kolosseum! Nun, Regisseur Ridley Scott hat sich zumindest bemüht, die Fans von früher durch Opulenz zu versöhnen und ein überragend agierender Denzel Washington hat das Seine dazugetan, das Fehlen von Russell Crowe zu kaschieren. Das ist übrigens ein wichtiger Punkt: Im Gegensatz zu Steven Spielberg, der seinen Dinos schon bei „Jurassic Park 3“ den Rücken gekehrt hatte (ebenso wie zuvor seinem „Weißen Hai“ bei der ersten von drei sehr schwachen bis peinlichen Fortsetzungen), war bereits Ridley Scott der Regisseur des Originals.
Bei der „Nackten Kanone“ war das nun freilich nicht möglich, weil nicht nur Hauptdarsteller Leslie Nielsen, sondern auch Kultregisseur Jim Abrahams bereits verstorben sind und die Brüder David und Jerry Zucker ihren letzten Film vor mehr als zehn Jahren gedreht haben. Das legendäre Trio verantwortete nicht nur von 1988 bis 1994 die drei wahnwitzigen Polizei-Klamaukfilme „Die nackte Kanone“, „Die nackte Kanone 2½“ und „Die nackte Kanone 33⅓“, sondern hatte davor bereits 1982 die TV-Serie „Die nackte Pistole“ produziert, die ebenfalls diverse Polizeifilme parodiert hatte. So ist also beim 2025er-Sequel das gesamte Team neu. Nur die Gags sind die gleichen geblieben, zumindest vordergründig wirken manche wie 1:1-Kopien. Allerdings geht Leslie Nielsens Nachfolger Liam Neeson in der Rolle des Sohnes von Anfang an viel direkter, brutaler, düsterer und auch ernsthafter zu Werke. Während Frank Drebin Senior die traumtänzerische Tollpatschigkeit, mit der er etwa unbehelligt mitten durch Schießereien latschte oder Sachen und Menschen kaputtmachte, ohne selbst auch nur das Geringste davon mitzubekommen, förmlich zur Kunstform erhob, begibt sich Frank Drebin Junior teils ganz bewusst in ungute Situationen, denen dann auch zeitweise der entsprechende abmildernde Ulk fehlt. Kein Wunder, hat Liam Neeson doch keine Klamauk-, sondern eine Actionthriller-Karriere in seinem Portfolio stehen. Entsprechend hart legt er seine Rolle an. Dass das Ganze trotzdem bei der Zielgruppe funktioniert, zeigten etliche Lacher in einem Preview. Und während die einen Filmkritiker*innen „eine Verbeugung vor dem großen Vorbild“ loben, werfen die anderen dem Sequel Ideen- und Mutlosigkeit vor, weil es krampfhaft am humoristischen Rockzipfel des Originals hängt, statt Neues zu wagen – eine vergebene Chance also, bei der die Frage zu stellen ist, wer sich das Machwerk anschauen soll: Fans der alten Filme sind mit diesen bestens bedient, und junges Publikum kann mit dem Humor vielleicht gar nichts anfangen. Liam Neeson dürfte jedenfalls nicht der Grund für den Kinobesuch sein. Dann schon eher Pamela Anderson, die ihm als würdige Nachfolgerin von Priscilla Presley in der Rolle der mysteriösen Schönen den Kopf verdreht und zeigt, dass ihre Selbstironie sich sehen lassen kann. Und vielleicht sind es auch die vielen Reminiszenzen an Leslie Nielsen und das damalige Team, die sich an allen Ecken und Enden aufdrängen. Letztlich ist festzustellen: Wer gnädig über gewisse Schwächen hinwegsieht und dem Aufguss eine Chance gibt, bekommt einiges zum Lachen serviert, auch wenn viele Gags aufgesetzter und bemühter wirken als anno dazumal.
Wer gnädig über gewisse Schwächen hinwegsieht und dem Aufguss eine Chance gibt, bekommt einiges zum Lachen serviert, auch wenn viele Gags aufgesetzter und bemühter wirken als anno dazumal.
Vorgeschichte, Nachgeschichte, dieselbe Geschichte
Zugegeben, ich habe hier mit einer Krimikomödie, einem Monsterkracher und einem Römer-Epos drei Filme und ihre Sequels mehr oder weniger zufällig ausgewählt, stellvertretend für die vielen, vielen Fortsetzungen und Remakes, von denen es in Hollywood immer mehr zu geben scheint. Die Liste ist schier unendlich und reicht von „Star Wars“, wo 16 Jahre nach dem Ende der ersten Trilogie George Lucas immerhin selbst Hand anlegte, um endlich auch Episode eins bis drei nachzureichen (ob er sich und der Welt damit einen Gefallen getan hat, darüber scheiden sich bis heute die Geister ebenso wie bei den diversen nachfolgenden Episoden und Franchise-Filmen und -Serien), über „Indiana Jones“, wo sich Harrison Ford für Teil 5 im Jahr 2023 sogar mittels KI verjüngen ließ, bis zu „Der Herr der Ringe“ (2001 bis 2003) und „Der Hobbit“ (2012 bis 2014), wo zunächst ebenfalls Peter Jackson mit zehn Jahren Abstand das Kunststück vollbrachte, ein Buch von weniger als 400 Seiten im Kino genauso lang auszuwälzen wie die dreimal so dicken Hauptbücher, ehe 2022 Amazon noch einmal um einiges langatmiger die Vorgeschichte dieser Vorgeschichte zu erzählen begonnen hat. Es ist stark zu vermuten, dass in vielen Fällen weniger der Drang im Vordergrund stand und steht, endlich Aspekte einer Geschichte zu erzählen, die im Original noch nicht erzählt wurden, sondern dass man einfach noch einmal ordentlich Kasse machen möchte. Besonders stark ist diese Vermutung beim „Harry Potter“-Franchise „Phantastische Tierwesen“, das Autorin Joanne K. Rowling zwar noch einmal einen Geldregen beschert hat, aber nicht von ungefähr kamen letztlich nur drei statt der geplanten fünf Filme ins Kino. Das Publikum lässt sich halt nicht immer mit einem lieblosen Aufguss abspeisen. Überhaupt wäre das Thema Fortsetzungen einen eigenen Artikel wert. Wenige sind genauso gut oder gar besser als der erste Film, viele deutlich schlechter.
Neben Prequels und Sequels sind natürlich auch echte Remakes beliebt. Da kann dann das neue Team zeigen, dass es den Stoff viel besser umsetzen kann als weiland die Altvorderen (oder auch nicht). Davor ist weder ein Captain James Tiberius Kirk gefeit noch ein Danny Ocean (ja, „Ocean’s Eleven“ gab es schon 1960 mit Frank Sinatra und Dean Martin), ein Juda Ben Hur oder ein Willy Wonka (sogar ein Remake und ein Prequel). Und Disney scheint es sich überhaupt zum Sport gemacht zu haben, seine Klassiker als Realfilme oder in hochauflösendem Computer-3D neu zu interpretieren. Zugegeben, der vollanimierte Simba des Jahres 2019, bei dem man jedes noch so kleine Härchen erkennt, mag ästhetisch ansprechender sein als das zum Teil noch handgezeichnete Original von 1994. Aber weit mehr zählt der Tiefgang von Handlung und Dialogen. Und da gilt etwa für „Aladdin“: Ein Will Smith in Full HD (2019) kommt einfach an einen von Robin Williams gesprochenen Dschinni in 2D (1992) nicht heran. Und über „Jumanji“ sprechen wir bitte hier erst gar nicht. Dann schon lieber über einen Film, bei dem das Remaken gerade auf die Spitze getrieben wird: Denn der ersten Mutter-und-Tochter-tauschen-Körper-Komödie „Freaky Friday“ im Jahr 1976 folgten 1995, 2003 und 2018 weitere Adaptionen – und am 8. August kehrt nun die 2003er-Besetzung (Jamie Lee Curtis und Lindsay Lohan) mit „Freakier Friday“ ins Kino zurück.

So gut waren die Originale oft auch wieder nicht
Bei aller Kritik an all den cineastischen Trittbrettfahrer*innen, die sich alter Stoffe bedienen und dabei mitunter fast schon Leichenfledderei begehen, muss ich allerdings eines zugeben: Manche Originale, die hier abgekupfert werden, waren bei näherer Betrachtung gar nicht so qualitativ hochwertig. Ja, sie haben mich damals auf der Höhe ihrer Zeit gut unterhalten. Aber das tun manche Sequels und Remakes heute auch, wenn ich ihnen die Chance dazu gebe. Und so schlimm ich etwa den vierten „Indiana Jones“-Film mit der abgedrehten Außerirdischen-Szene im Finale fand: Im Grunde waren die ersten drei auch schon ziemlich gaga. Aber das ist wohl das große Glück des Kinos: Seine Hauptaufgabe ist es, die Menschen zu unterhalten oder an ihren Emotionen zu rühren. Der Qualitätsanspruch ist letztlich zweitrangig, wenn man auch bei einem C-Movie spürt, eine gute Zeit zu haben. Ich bin jedenfalls schon gespannt, ob ich mich in zwei Wochen über Bully Herbigs „Kanu des Manitu“ – 24 Jahre nach „Der Schuh des Manitu“ – zerkugeln oder doch fadisieren werde …
Hollywood produziert weiterhin massenhaft Sequels, Prequels und Remakes – meist getrieben von Nostalgie und Kasseninteresse, selten mit frischen Ideen. Die neue „Nackte Kanone“-Verfilmung mit Liam Neeson ist jetzt in den Kinos und polarisiert durch düsteren Humor statt klassischen Klamauk.
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