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„Es hilft nichts, wenn wir uns den Weltuntergang sorgenvoll herbei tweeten“

In seinem neuen Programm „Eiertanz“ geht Kabarettist, Musiker und Autor Christof Spörk der Frage nach, warum wir Menschen dazu neigen, es uns oft komplizierter zu machen, als es eigentlich notwendig wäre. Wir haben mit dem Künstler über „falsche Götter“ und die Welt gesprochen …
Kabarettist Christof Spörk mit neuem Programm "Eiertanz"
© Jeff Mangione

Spaß und Ernst liegen ja bekanntlich nahe beieinander. Kabarettist Christof Spörk beherrscht beide Disziplinen: Er ist Profi-Humorist mit Tiefgang. Sein Programm „Eiertanz“ führt ihn ab Jänner durch Österreich, Italien, Deutschland und die Schweiz. Inhaltlich geht’s dieses Mal um uns, unser kompliziertes Wesen sowie das allgemeine „Herumeiern“, privat, beruflich, in der Gesellschaft und Politik. Im Interview mit funk tank erzählt der 51-Jährige von seiner Karriere und seinen Auszeiten, seinem Zugang zu Humor und Musik und verrät, warum es uns allen gut täte, nicht jeder Horrornachricht nachzujagen …

funk tank: Verehrter Herr Spörk, in Ihrem neuen Programm „Eiertanz“ geht es unter anderem um das menschliche Zweifeln, Zögern und „Herumeiern“. Woran könnte das liegen? Und wie schafft man es, einfach mal lässig und locker zu sein? Gibt es da schon eine Lösung und somit vielleicht die Rettung unser aller Leben?

Christof Spörk: Mein Programm gibt keine Antwort. Dafür bin ich zu lange auf der Welt, als dass ich mir so etwas zutrauen würde. In einem bin ich mir aber ziemlich sicher: Wir lassen uns zu sehr ablenken und laufen zunehmend den falschen Göttern nach. Und das, obwohl wir ja angeblich keine mehr haben.

Worauf darf sich das Publikum sonst noch freuen, wenn Sie Ihr aktuelles Programm präsentieren – zum Beispiel am 30. Jänner und 22. März im Wiener Stadtsaal?

Auf einen hoffentlich unerwartet neuen Spörk, der einen kurz in eine andere Welt entführt.

Der Begriff „Multitalent“ wird ja oft inflationär verwendet. Bei Ihnen ist er aber wirklich passend. Sie sind Politikwissenschaftler, Kuba-Experte, Journalist, Musiker, Kabarettist ... und 4-facher Vater. Habe ich etwas vergessen? Beschreiben Sie sich bitte kurz selbst ...

Also das mit der vierfachen Vaterschaft hat relativ wenig mit Talent zu tun. Eher mit Glück. Ansonsten endet vermutlich als „Multitalent“, wer sich nie ganz entscheiden konnte. Mich interessiert einfach vieles und ich liebe die Abwechslung. Weniger freundliche Menschen haben mich auch schon als „unstet“ beschrieben. Dann nehme ich lieber das „Multitalent“.

Humor hat viel mit Überraschung und ungewöhnlichen Kombinationen zu tun. Und noch mehr mit gemeinsamer Kultur.

Sie wurden u.a. mit dem „Österreichischen Kabarettpreis“ und dem „Salzburger Stier“ ausgezeichnet. Wie wichtig sind Ihnen Preise? Sind Sie eitel? Und wird man mit den Jahren und der Erfahrung bescheidener oder trifft das Gegenteil zu?

Es wäre schon gelogen, würde ich behaupten, diese Preise nicht gerne bekommen zu haben. Auf jeden Fall waren es Bestätigungen, die mir als spätberufenen Solokabarettisten einen guten Start ermöglicht haben.

Und ja, ich glaube, ich war schon einmal eitler. Wenn ich heute in der Wiener Innenstadt in eine Auslage schaue, dann wirklich fast nur mehr, um die ausgestellte Ware zu betrachten. Ehrenwort. Das war früher sicher anders.

Woher nehmen Sie die Inspiration für Ihre Stücke? Wer oder was beeinflusst Sie?

Ich beobachte. Ich lese. Und es gibt für alle Sketches oder Lieder immer sowas wie einen für mich wichtigen Anlass. Zumeist etwas, was mich stört. Oder auch etwas, was mir besonders wichtig ist. Pointen dienen da eher als Appetizer für ansonsten schwer Verdauliches.

Betrachtet man das Weltgeschehen, so schaut es gesellschaftlich, politisch und auch umwelttechnisch nicht gerade rosig aus. Als Kabarettist haben Sie sich dem Humor verschrieben, das Publikum erwartet Ihre lustige Seite. Wie gelingt Ihnen der Spagat zwischen Tiefe und Witz, und was machen Sie, wenn Ihnen eigentlich nicht nach Lachen zu Mute ist?

„Wenn du zu lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein“, hat Nietzsche gesagt. Deswegen sollte man vielleicht einfach einmal woanders hinschauen. In die Luft zum Beispiel. In den Wald. Auf den Berg. Oder ins Kabarett.

Mir persönlich hilft frische Luft, Bewegung und Natur. Kostet nicht nur fast nix. Sondern gar nix. Vielleicht manchmal ein wenig Überwindung.

Ich denke, es hilft nichts, wenn wir uns den Weltuntergang sorgenvoll herbei tweeten. Wir sollten natürlich politisch wach sein. Aber permanent Breaking News updaten macht zweifellos krank. Irgendetwas ist immer. Sensationsgier hat noch nie etwas verbessert. Ich halte es auch nicht aus, wenn sich Menschen online für alles Mögliche engagieren, aber den Nachbarn nicht mehr grüßen.

Ist Humor eigentlich lernbar? Wen oder was finden Sie persönlich besonders lustig?

Humor kann man so wie alles analysieren, und somit wohl auch erlernen. Ich bin mir nur nicht sicher, ob das irgendwer braucht. Ich habe vor Jahren ein Buch über Witze gelesen. Sagen wir so, es lesen wollen. Es war das fadeste Buch ever … Humor hat viel mit Überraschung und ungewöhnlichen Kombinationen zu tun. Und noch mehr mit gemeinsamer Kultur. Deswegen ist die Schnittmenge zwischen österreichischem Humor und – sagen wir – norddeutschem Humor trotz gemeinsamer Sprache ziemlich klein. Wahrscheinlich könnten wir etwa mit den Slowenen und Tschechen mehr lachen, nur gibt es da leider ein kleines Verständnisproblem …

Finden Ihre Kinder Sie witzig?

Meine Kinder? Die lachen viel und gerne, aber selten wegen mir. Für die bin ich vermutlich ein Norddeutscher ... Nein, da hab ich wohl eine andere Funktion.

Kabarettist Christof Spörk mit neuem Programm "Eiertanz"
© Jeff Mangione
Mit den Global Kryner sind Sie 2005 beim Eurovision Song Contest angetreten. Wie war es, in diese spezielle Welt einzutauchen, und was wurde aus der Band?

Das war schon sehr geil. Ich bin heute froh, diese Erfahrung gemacht zu haben. Wir waren zehn Tage in Kiew. Es war ein europäisches Fest. Vor Ort war es großartig. Der Eurovision Song Contest ist bei aller möglichen Kritik in erster Linie leichtfüßige Lebensfreude. Also genau das Gegenteil jenes Abgrunds, den uns die Putins, Trumps und all die anderen bösen Männer unserer Zeit gerade als den letzten Schrei verkaufen wollen.

Global Kryner ist 2013, also acht Jahre nach dem Song Contest, in Pension gegangen. Wir haben ein Jahrzehnt lange halb Mitteleuropa bereist und viele großartige Erfahrungen gemacht. Man kann sagen, meine Rock’n’Roll-Zeit war diese Band.

Sie haben u.a. Jazzgesang, Klavier, Ziehharmonika und Klarinette gelernt. Auch Ihre Kabarett-Programme bestehen großteils aus Musik. Was wäre ein Leben ohne Musik? Und welchen Stellenwert hat Musik für Sie?

Leben ohne Musik ist ein Widerspruch in sich. Musik ohne Leben, das gibt es hingegen. Künstliche Intelligenz kann das zum Beispiel recht gut. Im Ernst: Es gibt für mich kein Leben ohne Musik. Obwohl ich wahrscheinlich zu den Wenighörern gehöre. Ich halte es nicht aus, bedudelt zu werden. Entweder ich höre zu oder nicht. Vielleicht ist da einfach ein Hebel falsch gestellt in meinem Gehirn.

Da Sie auch „der Philosoph unter den Kabarettist*innen“ genannt werden, eine philosophische Frage zum Schluss. Was wünschen Sie sich persönlich für das heurige Jahr und was für die gesamte Menschheit? Wie können wir bewusst, glücklich und zufrieden unseren Alltag meistern – trotz aller Umstände des Lebens?

Schön wäre es, wenn wir erkennen, dass wir selbst es sind, die über den Lauf der Weltgeschichte entscheiden. Über das Schlechte in der Welt sudern und gleichzeitig jede schwachsinnige Horrornachricht und jedes Schnäppchen am Smartphone anzuklicken, bedeutet nur, dass wir die Mechanismen unserer schönen, neuen Welt noch nicht durchschaut hat.

Ich singe in meinem Programm „Eiertanz“ einen Kanon mit dem Publikum. Und der Text ist: „Macht euch die Technik untertan!“ Das wäre doch ein guter Anfang.

Christof Spörk ist Politikwissenschaftler, Kuba-Experte, Journalist, Musiker, Kabarettist. Sein neues Kabarettprogramm führt ihn heuer durch viele Städte in Österreich, Italien, Deutschland und in der Schweiz. Er gastiert u.a. am 30. Jänner und 22. März 2024 im Wiener Stadtsaal.

Christof Spörk

Stadtsaal Wien

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Alicia Weyrich
arbeitet als Journalistin, Texterin und PR-Beraterin in Wien. Neben dem geschriebenen Wort liebt sie die Musik, das Meer, gutes Essen sowie Zeit mit ihren Lieblingsmenschen.

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