Jan Hoša ist ein kreativer Mensch. Ein Marken- und Werbefachmann, ausgezeichnet mit zahllosen Preisen. Auf seinen Visitenkarten standen so wichtig klingende Titel wie Managing Director, Executive Creative Director oder Director Marketing & Creative Solutions. Mit der Corona-Pandemie und der plötzlich aufgezwungenen Zeit zur Reflexion begann beim gebürtigen Wiener das große Umdenken. Der „Kreativdienstleister“, wie er sich im Rückblick selbst bezeichnet, kündigte seinen Job beim Fernsehen und verschreibt sein Leben neuerdings dem Handwerk. „Nach bald 30 Jahren wollte ich nicht mehr nur am Computer sitzen und Daten produzieren. Ich wollte mit meinen Händen etwas erschaffen, das im wahrsten Sinn des Wortes greifbar ist.“
Erinnerungen an die Kindheit
Der 51-Jährige erfüllt sich im 17. Wiener Gemeindebezirk mit einer Co-Working-Tischlerei, die den verheißungsvollen Namen „Do Something Great Society“ trägt, einen langgehegten Traum. „Schon als Kind wollte ich Tischler werden. Der Opa eines Freundes war nämlich Tischler und hat in der Wohnung meiner Eltern die Kästen eingebaut. Ich war damals in der Volksschule, kann mich aber bis heute erinnern, wie angenehm das Holz gerochen und wie gut es sich angefühlt hat.“
In jungen Jahren führte sein Weg aber in eine andere Richtung. „In den 1970ern und 1980ern wollten Eltern ja sehr oft, dass ihre Kinder im Gymnasium ‚was G’scheit’s lernen‘.“ Seine Neugier und seine Bereitschaft, sich auf neue Abenteuer einzulassen, haben ihm beruflich dennoch von Anfang an gute Dienste geleistet. „Mir hat es immer getaugt, mir etwas auszudenken und das Realität werden zu lassen.“
Zum Beispiel war Jan Hoša nach jugendlichen Gehversuchen als Manager von „Gypsy Road“, der Band seines Bruders Tom – drei Jahre lang Produktionsassistent bei Rudi Dolezal und Hannes Rossacher (DoRo) und hat an Videos von David Bowies Side-Project Tin Machine und der EAV mitgearbeitet. „Danach war ich im Bereich Corporate Publishing tätig und dann einer der Ersten in Österreich, der Content fürs damals noch neue Internet produziert hat. Von dort bin ich weiter in die Werbung, ins Marketing und zum Fernsehen gezogen – alles Stationen, bei denen ich Ideen umsetzen konnte. Aber eben nur digital. Es ist nie etwas herausgekommen, das man am Ende des Tages berühren konnte.“
Learning by doing
„Das Tischlern hingegen“, sagt Jan Hoša, „ist eine Arbeit, die Sinn stiftet.“ Das Handwerk hat er allerdings nicht formal erlernt, sondern sich in bester Learning-by-Doing-Manier selbst beigebracht. Seine Leidenschaft kann er privat in seinem Haus im niederösterreichischen Klosterneuburg ungehemmt ausleben. „Mir macht es so viel Spaß, mit verschiedenen Werkzeugen zu arbeiten. Im Sommer habe ich uns eine Landhaus-Küche nach eigenen Vorstellungen aus Vollholz gebaut. Der Korpus ist aus Lärche, die Arbeitsplatte aus Esche. Und das ganz ohne Metallschrauben, sie wird nur von Holzverbindungen zusammengehalten.“
„Wichtig ist der Mut, selbst anzupacken und Fehler zuzulassen. Ich mache Dinge, die ich mir früher selbst nicht zugetraut hätte. Aber was mich am meisten fasziniert, ist, wenn es mittendrin doch nicht so funktioniert wie geplant und ich zu tüfteln beginnen und neue Lösungen finden muss. Danach habe ich aber etwas geschaffen, worauf ich stolz bin.“
Vom Tanzlokal zur Tischlerei
Genau dieses Gefühl möchte er mit der Do Something Great Society anderen Menschen vermitteln, zum Beispiel mit Teambuilding-Workshops für Firmen und Kursen für Anfänger*innen und Fortgeschrittene – egal, ob Kinder, Jugendliche oder Erwachsene, und das in einem perfekten Umfeld. Die Werkstatt in dem Altbau aus dem Jahr 1848 ist rund 800 Quadratmeter groß und gute 12 Meter hoch. An den Decken sieht man noch Reste der ursprünglich so eleganten Stuckatur. Jan Hoša unterbricht den Rundgang und streicht mit seinen Händen langsam über eine alte Mostpresse und einen verwitterten Bauernkasten. „Die gehören meinem Nachbarn, und wir werden sie schön herrichten. Das sind für mich klassische Winterprojekte.“
Der Saal beherbergte ursprünglich ein typisch wienerisches Vorstadt-Etablissement. Wo heute Kreissägen kreischen, wurde zünftig zum Tanz aufgespielt und dem Wein gefrönt. In den 1970er-Jahren etablierte sich der variabel nutzbare Raum als beliebte Location für heimische Film- und Fernsehproduktionen. Es entstanden Studioaufnahmen für legendäre TV-Serien wie „Hallo – Hotel Sacher … Portier“, „Ringstraßenpalais“ und „Der Leihopa“. Zuletzt diente der Raum als Werkstatt für die Produktion von TV-Studios und Film- und Fernsehdekorationen.
Raum für Kreativität
Die ursprüngliche Idee war es, im engsten Freundeskreis ausreichend Platz für handwerkliche Hobbyprojekte zu finden. „Daraus entwickelte sich“, erinnert sich Jan Hoša, „das Konzept einer offenen Co-Working-Tischlerei. Es stellte sich heraus, dass viele Menschen nicht nur großartige Ideen und Sinn für das Schöne haben, sondern auch den großen Ehrgeiz, diese Ideen umzusetzen. Allerdings hat praktisch niemand eine eigene Werkstatt.“
Und so gründete Jan Hoša die „Do Something Great Society” als Co-Working-Tischlerei gemeinsam mit Philipp Consemüller, einem langjährigen Freund und umtriebigen Eventmarketing-Experten. Und er ist nicht nur kreativer Denker und Mitbegründer der international renommierten Digitalkonferenz 4Gamechangers, sondern auch begeisterter Handwerker mit tatkräftiger Hands-On-Mentalität. „Wir wollen einem Haufen Individualist*innen einen Ort bieten, an dem wir schöne Dinge erschaffen können. Aber es geht nicht nur um unser Seelenheil, es ist auch ein neues berufliches Standbein.“
Motivation und Inspiration
Den Namen der „Do Something Great Society” hat der frühere Kreativkopf großer Werbeagenturen natürlich nicht ohne Hintergedanken gewählt. „Wenn man eine Marke aufbaut, stellt man sich die Frage: Aus welchem Grund macht man das? Wir wollen die Leute inspirieren und motivieren, aus einer Leidenschaft heraus großartige Dinge zu tun.“
In der Werkstatt genießt Jan Hoša den Prozess, auf Gleichgesinnte zu treffen, sich auszutauschen und gemeinsam zu tüfteln. „Vielleicht ist die Co-Working-Tischlerei eine Art Selbstverwirklichung. Aber ich bin kein Einzelkämpfer, sonst könnte ich ja zu Hause allein vor mich hin werkeln. Ich entwickle gern mit anderen Team-Workern und Team-Playern neue Ideen. Wobei es für die Seele ein riesiger Unterschied ist, ob man irgendetwas am Computer macht oder am Ende ein schönes Möbelstück mit nach Hause nehmen kann.“
Wie im Fitnesscenter
Die praktische Umsetzung der Co-Working-Tischlerei ähnelt dem Abo-Konzept von Fitnesscentern. „Es gibt zwei Möglichkeiten“, erklärt Jan Hoša, „du bezahlst bei uns eine Monats- oder Jahresgebühr, bekommst deinen eigenen Schlüssel und kannst die Werkstatt tagsüber nach Belieben nutzen. Oder du mietest dich auf eine bestimmte Zeit für ein Projekt ein. Und falls du nicht ohnehin schon mit solchen Geräten gearbeitet hast, wirst du zu Beginn auf unseren Maschinen eingeschult.“
So oder so, die „Do Something Great Society” baut auf ein freiwilliges Buddy-System. „Zu unserer Community zählen unter anderem ein Tischlermeister, ein Innenarchitekt und eine Produktdesignerin. Wenn bei uns jemand Hilfe benötigt, stehen andere Mitglieder gerne mit Rat und Tat beiseite.“
Kurse für Erwachsene und Kinder
Bei aller Liebe zur Handarbeit ist Jan Hoša weiterhin sehr technikaffin. „Ich produziere jetzt als Ausgleich zum Handwerk unsere Videos für die ‚Do Something Great Society‘ und betreue selbst die Homepage und unsere Social-Media-Kanäle.“ Und natürlich haben er und Philipp Consemüller jede Menge Ideen für den Ausbau der Co-Working-Tischlerei und des Online-Shops, in dem es neben Shirts und Kappen heute bereits – kostenlos! – den Bauplan für eine Wein- oder Sekt-Handtasche gibt. „Vor allem wollen wir Menschen fürs Handwerk begeistern und sie in ihrer Entwicklung tatkräftig unterstützen.“
Konkret am Plan steht bereits ein stetig wachsendes Angebot an Workshops und Tischler-Kursen in Kleingruppen. „Wir haben gesehen, dass nicht nur Erwachsene große Freude an der Tischlerei haben, sondern auch Kinder und Jugendliche sehr konzentriert mit Holz arbeiten. Nicht jeder hat das Glück, in der Schule oder im Beruf seine Kreativität ausleben zu können. In unserer Werkstatt können sie aber etwas Großartiges schaffen und erschaffen.“ Etwas Großartiges, das greifbar ist.
Wir wollen einem Haufen Individualist*innen einen Ort bieten, an dem wir schöne Dinge erschaffen können. Aber es geht nicht nur um unser Seelenheil, es ist auch ein neues berufliches Standbein.
Jan Hoša hat als Werbefachmann (unter anderem bei Ogilvy & Mather und PKP BBDO) mit nationalen und internationalen Großkundinnen und Großkunden zusammengearbeitet. Von 2015 bis 2020 war er Director der Inhouse Agentur der ProSiebenSat.1 PULS 4 Gruppe und hat als Creative Director Format-Marken wie „2 Minuten, 2 Millionen“ verantwortet. Gemeinsam mit Philipp Consemüller gründete er die „Do Something Great Society“, eine Co-Working-Tischlerei im 17. Wiener Gemeindebezirk.
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