Eigentlich war es fast ein kleiner Unfall“, meint Moritz Hierländer, „zumindest war es damals so nicht geplant, dass mein Vater hier ein dauerhaftes Theater gründen würde.“ Inzwischen geht im Wald4tler Hoftheater in Pürbach bei Gmünd die 40. Saison über die Bühne. Das war 1986 definitiv nicht abzusehen, als der Musiker Harry Gugenberger und seine Frau, die Schauspielerin Stella Hierländer, ein bisschen Kultur in den alten Bauernhof bringen wollten, den sie als privaten Rückzugsort im tiefsten Waldviertel, keine zehn Kilometer von der tschechischen Grenze entfernt, erworben hatten.
„Es war eine Art bunter Abend, was sie damals veranstaltet haben. Die Familie war da, viele Leute aus dem Dorf waren eingeladen und saßen auf Heurigenbänken im Stadl, den meine Eltern gemeinsam mit dem Schauspieler Wolfgang Böck und dem Grafiker Reinhold Hartl-Gobl hergerichtet haben“, erzählt Moritz Hierländer, der als Zweijähriger mit großen Augen auf der improvisierten Bühne neben Böck stand, der Texte von Karl Valentin vortrug. „Ich bin um meinen Vater herumgelaufen, der mit seiner Band gespielt hat“, erinnert er sich. Seine Mutter und auch seine Großeltern steuerten schauspielerische Beiträge bei.
120 Kinosessel im Stadl
Weil diese erste Veranstaltung ein so großer Erfolg war, beschloss Gugenberger, sie im folgenden Jahr zu wiederholen – und kaufte dafür gleich 120 alte Kinosessel, die er statt der Heurigenbänke im Stadl aufstellte. Das Waldviertel hatte einen neuen kulturellen Veranstaltungsort, an dem ab 1988 auch die ersten Eigenproduktionen inszeniert wurden. Heute gibt es hier das ganze Jahr über ein Programm mit rund 10.000 verkauften Karten pro Saison.
Theaterleitung in zweiter Generation
Das Publikum im alten Bauernhof ist ein bisschen gemischter als in Wien, meint Intendant Moritz Hierländer, der im Jahr 2016 nach dem Tod seiner Eltern die Leitung des Wald4tler Hoftheaters übernommen hat. „Eigentlich wollte ich mich auf meine Musik fokussieren, aber als mein Vater gestorben ist, war es überhaupt keine Frage, dass ich das Projekt weiterführe“, betont er. „Weil es einfach ein Juwel hier im Waldviertel ist. Der Theatersaal und das ganze Areal sind wunderschön, die Akustik ein Traum. Und meine Eltern haben es geschafft, dass wir gute Förderungen bekommen.“
Die idyllische Landschaft des Waldviertels sowie die Zwanglosigkeit und Gemütlichkeit des Spielorts helfen ihm durchaus, Künstler*innen nach Pürbach zu locken, meint er.

Ich will nicht nur Komödien machen, sondern jedes Genre bedienen. Wir sehen uns ein bisschen als kleines Landestheater im Waldviertel.
Einzugsgebiet von Linz bis Wien
Im Sommer kommen vor allem Urlauber*innen, übers Jahr gesehen verortet Hierländer sein Publikum zu etwa 60 bis 70 Prozent aus der Umgebung – also aus den Bezirken Gmünd, Waidhofen und Zwettl. Das Einzugsgebiet des Theaters reicht aber von Linz bis Wien. „Auf unserem Parkplatz stehen oft Wohnmobile aus Oberösterreich.“ Dass Pürbach trotz der Nähe zu Tschechien nur eineinhalb Autostunden von Wien entfernt ist und der Bahnhof in zehn Minuten Gehweite liegt, war für seinen Vater einst ein Grund, sich hier anzusiedeln – und kam in der Folge dem Wald4tler Hoftheater zugute.
„Ein bisschen ein kleines Landestheater im Waldviertel“
Gerade in der tiefsten Provinz, wie es so schön heißt, ganzjährig eine Kulturbühne zu führen, ist freilich eine Herausforderung, sagt Hierländer. „Wenn ich ein lustiges Stück mit zwei aus dem Fernsehen bekannten Gesichtern habe, zieht das natürlich mehr Leute an als ein Problemstück, bei dem vielleicht nur 80 der 180 Plätze besetzt sind.“
Aber Hierländer nimmt das bewusst in Kauf und programmiert so, „dass für alle etwas dabei ist. Ich will nicht nur Komödien machen, sondern jedes Genre bedienen. Wir sehen uns ein bisschen als kleines Landestheater im Waldviertel.“
Wie schon seinem Vater steht auch dem Sohn Schauspieler Wolfgang Böck treu zur Seite – er wird die fünfte Dekade des Wald4tler Hoftheaters als eine Art Mentor begleiten. Zwar kommt er nicht mehr so oft nach Pürbach, aber jedes Jahr machen Böck und Hierländer eine gemeinsame Weihnachtsshow: Der Schauspieler liest Weihnachtsgedichte, der Musiker spielt mit seiner Band. „Ich würde ihn gerne auch einmal für ein Theaterstück gewinnen“, sagt Hierländer. Aber der Terminkalender des Intendanten der Kobersdorfer Sommerspiele hat das bisher noch nicht zugelassen. Vielleicht wird es ja was in der 41. Saison …
Das Wald4tler Hoftheater ist seit 40 Jahren eine feste Größe in der niederösterreichischen Kulturszene. Mehr als 400.000 Besucher*innen haben über 3.300 Vorstellungen erlebt. Als Theater in zweiter Generation verbindet der Hof regionale Verwurzelung mit zeitgenössischem Anspruch.
Am 26. September startet das immersive OFF-Theaterstück „Freibier“. Es folgt Kabarett mit Edi Jäger am 27. und das Bilderbuchkino für Kinder „Glanz. Stücke“ am 28. September. Im Oktober stehen „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“ (3.–5. Oktober), Kabarett mit Sigi Zimmerschied (9. Oktober) und das Solo-Stück „Prima Facie“ (11. Oktober) auf dem Programm. Ab 23. Oktober läuft die Uraufführung von „Die Tragik mit der Komik“. Im Dezember sorgen „Die große Weihnachtsshow“ (5. Dezember) und die „Jubiläumsshow – 40 Jahre Hoftheater“ (13. Dezember) für einen festlichen Abschluss des Jahres.